Samstag, 9. März 2013

Elvira Stecher - ... ach, träum ich mich in Deine Arme. Die Entdeckung der Juni-Seligkeit

Diese Liebesgeschichte ist ganz anders, als Sie es erwarten. Aber seien Sie unbesorgt, es gibt ein Happy-End.

"Sie wusste nicht, dass ihre Füße noch immer tanzten, wenn sie sich vergaß. Sie sah nicht, dass die Linien ihres Körpers noch immer sanft waren, sie erkannte nicht die einladende Freundlichkeit ihrer Rundungen und ihres Gesichts, in dem nur der Schwung der gebogenen Nase und eine gewisse Üppigkeit der Brauen eine heimliche Verwegenheit verriet. Sie sah nicht, wie die Silberfäden in ihrem Haar in der Sonne funkelten. In ihren meergrünen Augen nisteten die Träume. Denn das Leuchten war noch immer in ihr, tief verborgen, so dass sie es nur noch ahnte. Sie suchte es in ihren Träumen, und doch war es immer in ihr. Es schenkte ihr eine Schönheit, die ihr für immer bleiben würde, so wie ein Baum immer schön ist, mit dem filigranen Geäst des Winters ebenso wie mit den Blüten des Frühlings, den reifenden Früchten des Sommers und den fallenden Farben des Herbstes. Mehr sogar, denn sie war ein Mensch, und in ihren Augen lebten alle Zeiten. Ihre leuchtende Seele war noch immer da, und sie wartete.

Tropfen regneten auf die Seiten. Einen Moment verharrten sie wie zitternde Perlen im grüngoldenen Licht unter der Linde, bevor das Papier sie aufsog. Einen Moment lang verschwammen die Buchstaben, dann verschwand das Nass. Es wurden immer mehr, bis alle Buchstaben verschwammen. Margarete schlug die Hände vors Gesicht. Jetzt war ihr die Schwülstigkeit der Sprache gleichgültig. Das bin ja ich, dachte sie. Das bin ja ich."

Sie wagt es nicht mehr, die Arme nach dem Glück auszustrecken. Glück, da ist sich Margarete inzwischen sicher, Glück ist etwas, das eine Frau wie sie nur noch zwischen kartoniertem Papier finden kann – der Pappe eines Buchdeckels oder einer Pralinenschachtel. Um so härter trifft es sie, dass die Fortsetzung ihres neuesten Romantik-Thrillers erst in vier Monaten erscheinen soll. Vier Monate ohne Edwin! Und dann drückt ihr auch noch jemand dieses seltsame kleine Buch in die Hand. Doch dadurch macht sie im Stadtgarten eine Entdeckung, die alles verändert.

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